Anhand von Utopien Neues über aktuelle Ernährungssysteme lernen

Die Bio-Gemüsekörbe des Neuenburger Vereins "Rage de Vert" sind ein Beispiel für regionale Vertragslandwirtschaft im urbanen Rau

Das ethnologische Institut der Universität Neuenburg veranstaltet am 7. Juni 2017 eine Konferenz über Ernährungs-Utopien.

​Biologische Landwirtschaft, Stadtgärten, Permakultur, Konsum-Akteure: Auf der ganzen Welt entstehen verschiedene Bewegungen für nachhaltigere Ernährungssysteme.

An der Veranstaltung über Ernährungssysteme werden sieben Forschungsprojekte und eine Foto-Ausstellung vorgestellt. Davon sind drei Projekte aus dem NFP 69. Julien Vuilleumier, Doktorand an der Universität Neuenburg und Organisator, stellt die kostenlose und öffentliche Konferenz vor.

Ihre Tagung trägt den Titel "Food Utopias in Switzerland". Erzählen Sie uns mehr über diese Utopien?

Julien Vuilleumier: Der Begriff bezieht sich auf ein Buch von Stock, Carolan und Rosin. Die Autoren sprechen nicht von der Utopie im klassischen Sinn, sondern betrachten diese als Analyseinstrument. Für sie sind Ernährungs-Utopien dazu da, das bestehende Ernährungssystem zu kritisieren, soziale und alternative Bewegungen zu untersuchen und Möglichkeiten für praktische Umsetzungen in der Zukunft zu erkennen.

An der Konferenz werden verschiedene Persönlichkeiten sprechen. Wen haben Sie eingeladen?

Den Auftakt macht Paul Stock von der Universität Kansas, der das Buch "Food Utopias" mit herausbrachte. Seine Präsentation über Ernährungs-Utopien gibt den Rahmen für die Tagung vor. Zusammen mit verschiedenen Forschenden zeigen wir anschliessend Fallstudien aus der Schweiz auf, analysieren diese kritisch und geben Beispiele konkreter Initiativen.

In drei Panels gibt es je zwei bis drei Vorträge, gefolgt von offenen Diskussionen. Unser Ziel ist es, den Dialog zwischen Forschenden und Praktikern zu fördern. Als Erstes sprechen wir von städtischer Landwirtschaft mit Beispielen aus Basel und Genf. Danach geht es um die Beziehung zwischen Produzenten und Konsumierenden. Schliesslich betrachten wir mögliche Bedeutungen von Produktion und Konsum – hierzu gibt es Beiträge zu Permakultur, Konsumentenmitsprache und Konsum-Vorschriften.

Zwei Vorträge werden von Forschenden gehalten, die ebenso wie Sie am NFP 69 beteiligt sind. Wie entstand diese Zusammenarbeit?

Wir haben uns mit diesen Kollegen im Rahmen der Treffen für das NFP 69 ausgetauscht. Dabei entdeckten wir gemeinsame Themen und Herausforderungen unserer Projekte. Es ist interessant, die Konsumentenmitsprache, welche die Projektgruppe vom Professor Jean-Philippe Leresche untersucht, mit Konsumenten von Produkten aus der regionalen Vertragslandwirtschaft zu vergleichen. Uns ist auch wichtig, dass wir ein Projekt aus der zweiten Forschungsphase des NFP 69 dabeihaben. Wir pflegen in der Frage der Essgewohnheiten Kontakt mit der Gruppe von Professor Suren Erkman.

In Ihrem Projekt befassen Sie sich mit der regionalen Vertragslandwirtschaft. Welche Ergebnisse haben Sie erzielt?

Mit unserem Ansatz wollen wir herausfinden, wie kleine alternative Netzwerke – beispielsweise Bio-Körbe – die Ernährungssysteme verändern können. Wir beobachteten, dass diese Bewegungen zu neuen Formen des Dialogs zwischen Produzent und Konsument führen. Ausserdem bindet die regionale Vertragslandwirtschaft die Konsumierenden längerfristig als andere Branchen. Dadurch unterstützen diese Netzwerke bei den Konsumenten die Entwicklung von Kompetenzen und Wissen.